Kiew könnte den Standort von F-16-Kampfjets im Ukraine-Krieg verraten haben. Ein fataler Fehler im Kampf gegen Russland oder militärisches Kalkül?
Kiew – „Sie haben Mist gebaut“, schreibt ein russischer Militärblog. Der Kanal „Militärinformant“, mit mehr als 600.000 Abonnenten auf Telegram, bezieht sich damit auf die Unterbringung von F-16-Kampfjets in der Ukraine. Ein Video der ukrainischen Luftwaffe soll nämlich unfreiwillig preisgegeben haben, wo die aus dem Westen gelieferten Kampfflugzeuge stationiert sind.
Das Video, das den Standort der F-16 preisgegeben haben soll, wurde von Mykola Oleschtschuk, dem Kommandanten der ukrainischen Luftwaffe, am Montag (25. August) veröffentlicht. Mit dem kurzen Film, der auch in den sozialen Medien verbreitet wurde, gedenkt Oleschtschuk den vor einem Jahr verstorbenen Kampfpilot Andrij Pilschtschikow. Wie die Online-Zeitung Kyiv Independent berichtete, sei Pilschtschikow maßgeblich daran beteiligt gewesen, dass die USA der Ukraine den Einsatz der US-Kampfjets F-16 erlaubte.
The mother of Ukrainian pilot Juice got into an F-16 fighter jet instead of her son on the anniversary of his death pic.twitter.com/StpcsZWU3m
— Aurora Borealis (@aborealis940) August 25, 2024
F-16 im Ukraine-Krieg – Russland vermutet US-Kampfjets an Nato-Grenze
Doch der Film könnte mehr zeigen als beabsichtigt. In Gedenken an ihren Sohn soll es der Mutter von Pilschtschikow erlaubt worden sein, in einen der nun in der Ukraine angekommenen F-16-Kampfjets einzusteigen. Dies zeigt auch der Kurzfilm von Leschtschuk. In einer weiteren Einstellung ist zu sehen, dass der Luftwaffen-Kommandant Pilschtschikow Mutter umarmt. Und in dieser Einstellung könnte der Ukraine ein entscheidender Fehler unterlaufen sein.
Denn im Hintergrund ist ein im Bau befindlicher Wohnblock zu sehen. Russischen Analysten sei es damit möglich gewesen, den Luftwaffenstützpunkt zu identifizieren, so Kyiv Independent. Die lange ersehnten Kampfjets sollen demnach auf dem Luftwaffenstützpunkt der Region Iwano-Frankiwsk stationiert worden sein.
F-16-Kampfjets wohl im Westen der Ukraine stationiert – Russlands Militärblogger vermuten Fehlinformation
Der Flugplatz liegt laut Kyiv Independent rund 700 Kilometer von der nächsten potenziellen Abschussbasis russischer Raketen entfernt. Damit befindet sich der Luftwaffenstützpunkt außer Reichweite russischer Raketen wie der Iskander-K, die im Ukraine-Krieg regelmäßig zum Einsatz kommen. Das Besondere an diesem Standort ist außerdem, dass er direkt an das Nato-Land Rumänien grenzt.
Russlands Militär unter Machthaber Wladimir Putin müsse für einen Angriff auf den Stützpunkt auf wertvolle ballistische Raketen oder Marschflugkörper zurückgreifen, wie Kyiv Independent schreibt. Könnte die Ukraine mit der Veröffentlichung des vermeintlichen Standortes Russland eine Falle stellen und einen Angriff Russlands mit teurem Gerät provozieren?
Das vermutet auch das russische Militärmagazin Top War und beruft sich auf eine Einschätzung des Militärblogs „Military Chronicle“. Dort heiße es, dass die Aufnahmen möglicherweise absichtlich von der Ukraine veröffentlicht wurden. Damit könne das Land außerdem beweisen wollen, F-16-Kampfjets nur in der Ukraine zu stationieren. Russland spekuliert seit einiger Zeit, dass die F-16-Jets auch auf Nato-Stützpunkten stationiert werden sollen und drohte bereits mit Angriffen, sollten ukrainische Kampfjets von Nato-Gebiet aus agieren.
F-16-Kampfjets in der Ukraine im Einsatz – Mangel an Piloten im Krieg gegen Russland
„Ich bin den Vereinigten Staaten, Dänemark und den Niederlanden dankbar, dass sie praktische Schritte unternommen haben, um das Ziel aller Ukrainer zu erreichen“, schrieb der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj auf X, kurz nachdem die ersten F-16 in der Ukraine angekommen sind. Doch wie ZDF heute berichtete, sei die Zahl der im Einsatz befindlichen Kampfjets bislang stark begrenzt.
Ein Grund dafür könnte der anhaltende Personalmangel sein. Denn um die F-16-Kampfjets effektiv im Krieg einzusetzen, fehlt es der Ukraine an ausgebildeten Piloten. Wie Flug Revue berichtete, plane Selenskyj deshalb ein Programm, um ehemalige F-16-Piloten aus mehreren Nato-Ländern zum freiwilligen Einsatz in die Ukraine zu bringen. „Wir unterstützen dieses Vorhaben“, so die US-Politiker Richard Blumenthal und Lindsey Graham nach einem Besuch in Kiew. Gemeinsam mit den beiden US-Vertretern sei der Plan Selenskyjs für ein entsprechendes Programm entstanden. (nhi)